Teplice – Die zweite Hauptstadt Sachsens
Die Sächsische Zeitung berichtet über Teplice als ehemalige Residenz der sächsischen Herrscher. Sie hatten eine tolle Zeit im Kurbad und so kam der Dresdner Hof jedes Jahr wieder. Von 1550 bis Anfang des 20. Jahrhunderts.
Teplice war einst das Domizil der sächsischen Herrscher. Das Kurbad erinnert sich an seine berühmten Gäste.
Von Steffen Neumann
Was haben August der Starke und Ludwig van Beethoven gemeinsam? Sie kurierten sich im böhmischen Teplice (Teplitz). Damit hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. Während Beethoven nur zweimal, 1811 und 1812 in Teplice zur Kur weilte, zog August in seiner Regierungszeit regelmäßig fast jedes Jahr für ein paar Monate nach Teplice um. Während Beethoven jeweils ein Zimmer nahe der historischen Kurquelle mietete, wohnte August natürlich im Schloss. Und August kam auch nicht allein, sondern brachte nicht nur seinen Hofstaat mit. Auch Treffen mit anderen Herrschern wurden kurzerhand nach Teplice verlegt. Die Kurstadt wurde so für einige Zeit zur Hauptstadt nicht nur Sachsens, sondern auch Polens, wo August sogar König war.
„Die sächsische Delegation war um die 1.500 Personen stark. Dazu kamen 1.000 Pferde. 1705 wurde August sogar von seiner Leibgarde begleitet: 220 Männer kamen zu Fuß übers Erzgebirge, 209 waren beritten“, weiß Ladislav Vagner, Marketingmanager der Kurgesellschaft Lázně Teplice. Auf einen Schlag bevölkerten die Sachsen das beschauliche Kurstädtchen. „Da in der Stadt nicht genug Plätze für die Pferde waren, wurden sie auf die benachbarten Städte und Dörfer verteilt“, beschreibt Vagner das sächsische Treiben.
Dabei war August nicht der erste sächsische Kurfürst, der zur Kur nach Teplice fuhr. Er setzte nur eine Tradition fort, die seine Vorfahrin Katharina zu Mecklenburg 1550 begann. Die Gemahlin des sächsischen Herzogs Heinrich der Fromme schickte eine lange Liste von teils sehr konkreten Forderungen voraus, weiß Vagner. Im Regionalmuseum erhalten ist aber auch ihr Dankesbrief, den sie nach ihrer Rückkehr aus Dresden nach Teplice sandte. Offenbar hatten die böhmischen Gastgeber alle Erwartungen der sächsischen Herzogin Wübertroffen, was dazu führte, dass fortan nahezu jeder sächsische Herrscher bis 1918 nach Teplice zum Kuren fuhr.
„Wir haben den Sachsen sehr viel zu verdanken“, sagt Ladislav Vagner. Die geschickte Heiratspolitik der Sachsen führte auch dazu, dass mehr und mehr europäische Herrscherhäuser Teplice als ihren Kurort entdeckten. „Der sächsische Hof war das Eingangstor für weitere Herrscher nach Teplice zu kommen“, stellt Vagner fest.
Doch während an den Komponisten Beethoven und seine zwei Aufenthalte an mehreren Stellen im Kurviertel prominent erinnert wird, zeugte bisher wenig vom segensreichen Wirken der Sachsen in Teplice. Das hat sich auch dank Ladislav Vagner geändert. Der Marketing- und Vertriebsexperte interessiert sich eigentlich nur nebenbei für Geschichte. Die Koronazeit, als auch die Kurhäuser leer blieben, nutzte er, um speziell über das Wirken der Sachsen in Teplice mehr zu erfahren. Sein privates Interesse ist inzwischen in seine berufliche Tätigkeit hineingewachsen. „Jedes Jahr im September veranstalten wir eine Art geschichtliches Happening mit historischen Kostümen“, erzählt er. Letztes Jahr war diese Veranstaltung August dem Starken vorbehalten. Und nicht nur das. Dem sächsischen Regenten wurde eine Büste gewidmet. Das Werk des tschechischen Bildhauers Libor Pisklák steht seitdem an prominenter telle in der Badgasse (Lázeňská ulička). Außerdem wird an den Wänden der Badgasse eine ganze Reihe von Herrschern präsentiert, die Teplice besucht haben. Doch nicht nur Herrscher. Sie brachten gerade auch die Künstler mit. „Im Fall von August dem Starken waren es die Permoser und Pöppelmann. Permoser hinterließ sein Werk auch in Teplice“, sagt Vagner. Zu den berühmtesten Gästen in Teplice gehörte Johann Wolfgang von Goethe und natürlich Beethoven. Dem Komponisten ist gleich ein ganzer Kurkomplex gewidmet, das Kurhaus Beethoven, das aus einer ganzen Reihe von einzelnen Häusern besteht, die miteinander verbunden sind. Der Komponist hielt sich tatsächlich auch hier auf. „Es gibt zwei Zimmer, die an ihn erinnern“, sagt Vagner. Nur eins ist aber auch im Stile der damaligen Zeit nachempfunden. Wer sich hier einquartieren möchte, findet auch ein Piano vor, zahlt aber mehr. Beim zweiten Beethoven-Zimmer erinnert nur eine Gedenktafel, dass der Komponist da weilte. Sonst ist es ein ganz normales Kurzimmer.
Auf das Kurhaus Beethoven ist man in der Kurgesellschaft besonders stolz. Denn der Eingangsbereich wurde in den vergangenen Monaten saniert und umgestaltet. Es fallen sofort unzählige gläserne Formen auf, die von der Decke hängen. „Es sind 2.650“, klärt Vertriebschefin Yveta Slišková auf. Sie wurden von einer Firma in Liberec hergestellt und sollen Tropfen in Form von Musiknoten symbolisieren. Zusammen mit der neuen Beleuchtung vermitteln sie dem Raum einen völlig neuen Eindruck. Der Eingangsbereich ist inzwischen auch viel luftiger und transparenter. „Unsere Gäste schätzen auch besonders den neuen barrierefreien Zugang und das kostenlose WLAN“, so Slišková weiter.
Seit April ist das Haus Beethoven wieder geöffnet und das Haus knüpft fast nahtlos an die guten Zeiten an. „Wir sind zu 85 Prozent ausgelastet“, zeigt sich die Vertriebsmanagerin zufrieden. Nur die Zusammensetzung hätte sie noch etwas anders. „Früher kamen allein 20 Prozent der Gäste aus Russland, das ist immer weniger geworden und war mit dem Angriff auf die Ukraine ganz vorbei“, so Slišková. Die Gäste kommen nun vor allem aus Tschechien. Doch Slišková findet, es könnten ruhig mehr Gäste aus Deutschland sein. „Die Sachsen zum Beispiel könnten sich ein Beispiel an August dem Starken nehmen“, wünscht sie sich. Die meisten Deutschen buchen nämlich nur relativ kurze Aufenthalte.
Fürs Erste lädt sie alle zum Beginn der Kursaison am letzten Mai-Wochenende ein. Dann eröffnet das älteste Kurbad Europas zum 860. Mal.